9 Fragen an 2 LOOP Familien
In unseren LOOP Familien erfahren Kinder und Jugendliche soziale und emotionale Sicherheit. Sie ersetzen nicht die leiblichen Eltern, aber sie geben Halt und helfen schwierige Lebensumstände zu verarbeiten.
Wie ist das ein fremdes Kind in die eigene Familie aufzunehmen? Wie geht die eigene Familie mit der neuen Situation um? Welche Herausforderungen gilt es zu meistern?
LOOP Familien können Familien, Paare oder Einzelpersonen sein, die Kindern ein sicheres Zuhause geben wollen. Profifamilien werden mit ausgebildeten Erzieher:innen oder Sozialpädagog:innen gegründet – daher auch der Name SPLG = Sozialpädagogische Lebensgemeinschaft.
1. Wie ist die Idee entstanden Profifamilie zu werden?
Familie M: Die Idee entstand im Zuge von beruflicher Neuorientierung nach der Geburt unserer Zwillinge.
Familie A: Mein Mann und ich hatten es schon lange auf dem Herzen, Kindern ein zu Hause zu schenken, die sonst keines hätten. Wir hatten erst an Adoption gedacht, sind dann Pflegefamilie geworden und auf Empfehlung des Jugendamtes haben wir uns entschieden, SPLG zu werden.
2. Warum hast du dich für diese Arbeitsform entschieden?
Familie M: Diese Arbeitsform bietet neben der Möglichkeit Familie und Beruf zu vereinbaren, die sehr exklusive Chance einen jungen Menschen auf sehr individuelle, engmaschige, professionelle Art und Weise zu fördern, fordern und zu begleiten.
Familie A: Ich liebe die Arbeit mit Kindern! Auch meine letzte Arbeitsstelle in einer Inobhutnahme-Gruppe war für mich ein Herzensanliegen. Gleichzeitig habe ich dort gemerkt, dass ich langfristig lieber für wenige Kinder „richtig“ da sein möchte, als für viele „nur ein bisschen“. Ich finde es perfekt, von zu Hause aus zu arbeiten und so „ganz“ für die Kinder da sein zu können – anstatt sich zwischen Beruf und Kindern irgendwie „teilen“ zu müssen.
3. Wie wurdet ihr vorbereitet?
Familie M: Die Vorbereitung fand mittels Gesprächen statt, die u.a. persönliche und professionelle Haltungen und Erfahrungen als thematische Schwerpunkte hatten. Ferner wurde über Themen wie, „die Familie wird öffentlich, was heißt das“, „professionelle Betreuung durch den Träger“, „Selbstfürsorge“, „Transparenz“ und „Grenzen“ gesprochen. Die Vorbereitung gab uns das sichere Gefühl eine gute Entscheidung zu treffen mit der Gewissheit von sicherer und kompetenter Trägerunterstützung.
Familie A: Wir wurden gleich dreimal vorbereitet – im Rahmen einer Adoptionseignungsprüfung, dann von einem Pflegekinderdienst, als wir Pflegeeltern wurden und dann noch einmal von LOOP, als wir SPLG wurden. Es gab persönliche Gespräche, Biografiearbeit, Fragebögen, … Es war hilfreich, sich über viele Themen im Vorfeld Gedanken zu machen.
4. Wie fand deine eigene Familie die Idee?
Familie M: Die Kernfamilie war in den gesamten Prozess und in die Entscheidungsfindung mit einbezogen. Ein klares „JA“ aller Beteiligten war Voraussetzung um sich dieser Aufgabe zu stellen. Ferner positionierte sich jedes Familienmitglied was seine Grenzen, Ängste und Wünsche betrafen. Unter anderem war das Alter und Geschlecht von großer Bedeutung für die in der Familie lebenden Kinder.
Familie A: Gut 😊
5. Was ist das Schwerste an der Arbeit?
Familie M: Die Selbstfürsorge für die Kernfamilie und für sich selbst nicht aus dem Blick zu verlieren und zu pflegen.
Familie A: Das ist schwierig zu pauschalisieren – und die Antwort könnte von Monat zu Monat anders aussehen. Die Kinder bringen ihre Geschichte mit und diese Geschichte hat Spuren hinterlassen, die im Alltag mal mehr und mal weniger deutlich zu Tage treten. Es gab Phasen, in denen ich die Einschlafprobleme der Kinder am anstrengendsten fand, in anderen Phasen den Leistungsdruck der Schule verbunden mit Konzentrationsstörungen, dann war es eine anstrengende Zeit nach unserem Umzug. Mal sind es Ausraster wegen vermeintlicher Kleinigkeiten, deren Bedeutung mir noch nicht klar war und aktuell „klopfen“ pubertäre Vorboten an… (oder knallen die Tür hinter sich zu…). Vieles davon sind aber Dinge, die andere Kinder, die in ihrer Ursprungsfamilie aufwachsen, auch erleben (können) und die gar nicht immer mit den „besonderen“ Umständen der SPLG zu tun haben.
6. Was ist das Bereichernde an der Arbeit?
Familie M: Die persönliche Weiterentwicklung der gesamten Familie. Individualität, soziales Miteinander, Toleranz, Geduld, Frustrationstoleranz, Humor, Freude, lösungsorientiertes Handeln, Zusammenhalt … um nur einige Entwicklungsthemen zu nennen.
Familie A: Das Zusammenleben mit Kindern ist an sich schon eine riesige Bereicherung! Die Welt wieder mit den Augen eines Kindes zu sehen, sich an den Kleinigkeiten zu erfreuen, wie einem vorbeifliegenden Flugzeug oder dem Käfer am Wegesrand. Abgerissene Blumen geschenkt zu bekommen, die Freude, wenn das Lieblingsessen auf dem Tisch steht, ein Zettel mit einer Entschuldigung drauf, wenn es mal gekracht hat… Und trotz aller Anstrengung, die es manchmal kostet, abends in friedlich schlafende Gesichter zu schauen und zu wissen, dass es sich einfach lohnt und dass es wichtig und wertvoll ist, was man tut. Dass man damit zwar nicht die ganze Welt rettet, aber dass man zumindest das Leben dieser Kinder positiv verändert.
7. Was würdest du Familien raten, die Profifamilie werden wollen?
Familie M: Nur Mut, mit, (m-) einem professionellen Träger an der Seite, ist diese besondere Herausforderung zu meistern.
Familie A: Seid eng im Austausch als (Ehe-) Paar und ggf. mit den schon in der Familie vorhandenen Kindern. Was ist eure Motivation? Was wünscht/erhofft ihr euch? Geht den Weg nur, wenn ihr wirklich alle ein „JA“ dazu habt! Sucht Kontakt zu Familien, die schon Profifamilie sind und informiert euch, wenn ihr noch Fragen habt. Und dann, auf zu LOOP und ran an die Fragebögen 😉 Es lohnt sich!
8. Wie ist deine Haltung zur Herkunftsfamilie?
Familie M: Meine Haltung der Herkunftsfamilie gegenüber ist geprägt durch Wertschätzung, Toleranz und Integration in den Alltag. Durch die Aufnahme eines Kindes / Jugendlichen hat die Herkunftsfamilie eine dauerhafte Präsenz im Familiensystem mit Wirkung.
Familie A: Ich denke für die Kinder ist es absolut wichtig, zu wissen, woher sie kommen. Es ist ihre Geschichte, ihre Vergangenheit. Auch wenn wir natürlich nicht alles gutheißen können, was in der Herkunftsfamilie passiert ist, versuchen wir respektvoll und wertschätzend mit der Herkunftsfamilie umzugehen.
9. Was braucht „man“ um die Arbeit gut machen zu können?
Familie M: Eine gelebte Haltung die sich aus Respekt, Toleranz, Wertschätzung, Humor, Flexibilität, emotionale Stabilität, Transparenz, Gelassenheit und „verstehen ohne immer Einverstanden zu sein“ zusammensetzt. Einen professionellen Handwerkskoffer, den man bereit ist weiter zu füllen, durch Reflexion und Weiterbildung in jeglicher Form.
Familie A: Hauptsächlich ein Herz für Kinder, die sich nicht immer entsprechend der „Norm“ entwickeln – aber eine extra Portion Geduld und Humor sind im Alltag auch wertvolle Begleiter… 😊 Und natürlich kann Hintergrundwissen zu Themen wie Traumata, Bindung etc. auch sehr hilfreich sein.